Scheitert der Glücksspielvertrag am Spielerschutz?

Glücksspielvertrag und Spielerschutz: Warum die Schufa-Glücksspielabfrage übel aufstößt?! (Bild © kaboompics auf Pixabay)

Eigentlich sollte der deutsche Glücksspielstaatsvertrag in seiner aktuellen Fassung von 2021 Spieler im Internet gegen Suchtgefahren und riskantes Spielverhalten abschirmen. Die Ergebnisse gemeinsamer Recherchen von ZEIT ONLINE in Zusammenarbeit mit MONITOR mit Investigate Europe decken nun auf, dass es sich die Bundesländer nicht nehmen lassen, den Spielerschutz an zentralen Eckpunkten durch die Glücksspielbranche aushebeln zu lassen. Dadurch werden auch Länder wie Malta begünstigt, die weiterhin Glücksspielanbieter fördern und diese auch vor der Rechtsprechung in Deutschland abschotten.

Hohe Verluste trotz hohem Spielerschutz möglich

Die Räder des Online-Glücksspiels lassen sich alle fünf Sekunden in Bewegung setzen. Dabei kann mit staatlicher Genehmigung im 5-Sekunden-Takt ein Euro verloren gehen. Das sind dann rein mathematisch in der Stunde immerhin bereits rund 720 Euro und das kann in vielen Fällen durchaus den Verlust der Lebensgrundlage bedeuten. Schließlich macht die Bank oder besser lizenzierte Online Casinos Deutschland sowie Poker- und Sportwettanbieter Gewinn.

Auch wenn Einzelne mal was gewinnen, die breite Maße verliert ihr Geld. Die Anbieter machen Milliarden, treten als Sponsoren von Fußballklubs auf und setze augenscheinlich starke Zeichen in gesellschaftlicher Verantwortung durch Spenden. Doch weshalb passiert es, dass in Online Casinos für deutsche Spieler binnen kürzester Zeit zigtausende Euro verzockt werden, wenn es doch gesetzlich gar nicht möglich sein dürfte?

Warum gibt es nicht immer Online Casino Geld zurück, obwohl es gerichtlich zugesprochen wurde? Auf diese Fragen gibt es Antworten in Form eines bislang verborgenen Deals deutscher Behörden mit der Glückspielbranche und Malta. Das berichten Journalisten von ZEIT ONLINE und Investigate Europe, zusammengefasst von Herbert Kordes.

Immer wieder Malta

Der Dreh- und Angelpunkt der europäischen Glücksspielindustrie liegt in Malta. Von da aus erreichen hunderte Online Casinos mit ihren Glücksspielangeboten mehrere Millionen Spielende in Deutschland und der Welt sowohl auf legalem als auch auf illegalem Weg, ein Geschäft in Milliardenhöhe oft auf Kosten vom Spielerschutz. In Europa ist die Glücksspielbranche eine Wirtschaftsmacht, die unzählige Menschen in die Spielsucht treibt. Schauen die Politiker nur tatenlos zu oder sind sie in das Gambling-Business involviert?

In dem Bericht wird der Fall von Glücksspielerin Sabine dargestellt. Sie verlor über einen Zeitraum von drei Jahren beim Anbieter Betway rund 180 000 Euro. Im Rahmen einer Spielerklage auf Rückerstattung aufgrund fehlender deutscher Lizenz bekam sie Recht zugesprochen. Doch die Malta Bill 55, ein Gesetz zum Schutz der Glücksspielanbieter auf Malta, lässt keine Anerkennung deutscher und anderer nicht im Land erlassener Urteile zu.

Die Regierung des EU-Landes schneiderte die Bill 55 auf den Leib der Glücksspielwirtschaft. Das stößt Experten sauer auf. Immer wieder gibt es Kritik und zuletzt musste sogar einer der bekanntesten Vertreter der Klageindustrie – RightNow – Insolvenz anmelden, da laufende Kosten nicht mehr getragen werden können. Mutmaßlich wird auch der Europäische Gerichtshof basierend auf EU-Grundfreiheiten ein Urteil mit positivem Effekt für grenzüberschreitende Glücksspieldienste sprechen.

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(Bild © Geralt auf Pixabay)

Spielerschutz durch Prepaid-Angebote? An Glücksspielen und Wetten kann nur teilnehmen, wer echtes Geld einzahlen kann. Aber woher das Geld kommt, das hinterfragt niemand?

Was bedeutet die Schufa-Abfrage Glücksspiel?

Die wohl größte Überraschung deckten die Investigativjournalisten bei der Schufa-Abfrage Glücksspiel in Deutschland auf. Im Grunde kann jeder Spieler mit nur wenigen Klicks sein Limit im Online Casino auf 10 000 Euro erhöhen. Ein echter Einkommens- oder Vermögensnachweis ist nicht erforderlich. Die Glücksspielabfrage über die Schufa ist vollkommen ausreichend und von den Landesregierungen der Bundesländer abgesegnet.

Wie aus dem Artikel hervorgeht, war die Möglichkeit der Limiterhöhung auf 10 000 Euro bisher nicht öffentlich. Im interview mit dem Suchtbeauftragten der Bundesregierung, Burkhart Blienert (SPD), kam heraus, dass selbst er bislang keinerlei Kenntnis von diesem Vorgehen hatte.

Im Rahmen der Verifizierung per SCHUFA liegen keine Angaben über die Einkommens- und Vermögensverhältnisse vor! Was sogar nicht nach Spielerschutz im Sinne des Glücksspielstaatsvertrages klingt. Die Regierungen der deutschen Bundesländer erlaubten den Anbietern dennoch, bei der Erhöhung von Limits eine derartige Abfrage zu nutzen. Das Bundesland Hessen schloss in Vertretung aller Länder im Jahr 2022 vor dem Verwaltungsgericht Darmstadt einen Vergleich mit den Anbietern von Sportwetten online in Deutschland.

Der Sucht- und Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Burkhart Blienert, merkt an: „Wenn man nach langen Diskussionen über viele Jahre genau über den Spielerinnen- und Spielerschutz eben debattiert – und wie kann es sich in einem Glücksspielstaatsvertrag dann noch darstellen – dann macht mich das schon wütend, wenn der aufgeweicht wird. Nicht im Sinne eben, dass es mehr Spielerinnen-und Spielerschutz gibt, sondern eher in die andere Richtung.

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