Ist Werbung für Glücksspiel- und Sportwetten schädlicher als für Bier?Die Reklame werbender Sportwettenanbieter in Rundfunk, Fernsehen und Internet bietet in Deutschland einen immerwährenden politischen Zündstoff im Konfliktfeld der Werbung. Dieses Thema gibt seit langem Anlass zu Diskussionen und Auseinandersetzungen, wie zahlreiche Äußerungen von Unterstützern und Kritikern sowie die Berichterstattung in den Medien zeigen. Gerade waren Online-Casino und Wettanbieter durch den Glücksspielstaatsvertrag 2021 (GlüStV 2021) legalisiert worden, vorausgesetzt eine gültige deutsche Lizenz liegt vor, da entbrannte sogleich eine regelrechte Debatte hinsichtlich einer überzogenen Werbepolitik und den damit verbundenen Gefahrenpotenzialen, speziell für junge Menschen und Minderjährige. Der Anstoß zur Verbotspolitik kam vom Bremer Senator für Inneres und Sport, Ulrich Mäurer, der am liebsten alle Sportwettenlokale in der Hansestadt schließen lassen möchte. Und dessen Ausführungen trafen scheinbar auf offene Ohren mit SPD-Politiker und Drogenbeauftragten der Bundesregierung, Burkhard Blienert, der fortlaufend neue Verbotsthemen aufmacht.

Werbung, Glücksspiel, Sportwetten sorgen für Polit-Zündstoff

In der seit Langem geführten Debatte spitzt sich die Lage zwischen den Lagern zu. Der Drogenbeauftragte der Bundesregierung betonte seine Besorgnis über die zunehmende Problematik im Zusammenhang mit dem Glücksspiel. Zum Beispiel sei es nicht hinnehmbar, gerade für Jugendliche und problematische Spieler kaum ein Fußballspiel anschauen zu können, ohne dabei ständig mit Werbung für Sportwetten bombardiert zu werden. Sogar ein generelles Werbeverbot ist denkbar und sollte bestmöglich bereits zur EM 2024 vollstreckt werden.

Man muss hierbei aber über den Tellerrand hinausblicken und da ist die Free-TV-Fußballsendung in der ARD „Sportschau“ zum Samstag ein gutes Beispiel. In dieser Sendung laufen auch Werbespots der bekannten Biermarken rauf und runter. Vor jedem und nach jedem Werbeblock schäumt es kräftig und zischt beim Eingießen ins Bierglas.

Warum nicht für ein legales Online Casino mit deutscher Lizenz oder Wettanbieter werben, wenn schließlich auch Werbung für Bier gemacht wird? Gut, nun könnte der Beauftragte der Bundesregierung für Sucht- und Drogenfragen damit argumentieren, dass auf die 0% Alkohol im Spot hingewiesen wird, jedoch gibt es auch beim Online Casino Bonus ohne Einzahlung oder kostenlos Freispiel mit 0% Echtgeldverlustrisiko. Das beworbene Markenimage umfasst jedoch alle Produkte.

Werbung für Softdrinks wäre genau genommen ebenfalls an den Pranger zu stellen. Denn diese süßen, stark zuckerhaltigen Getränke erhöhen den Blutzuckerspiegel und sind nicht selten mit verantwortlich für Herzinfarkte. Aus Gründen der Kohärenz empfiehlt es sich, darüber nachzudenken, neben den Werbemaßnahmen für Sportwetten und Online Casinos diese und andere Produkte mit ins Fadenkreuz zu nehmen.

Neuer Klub der Glücksspielgegner

Heute hat sich sogar eine Allianz der Gegner von Werbung für Sportwetten formiert. Damit will man wohl namhafte Persönlichkeiten vereinen, um in der öffentlichen Wahrnehmung mehr Gehör zu finden. Pünktlich zur Konferenz der Innenminister von Bund und Ländern wandte sich diese neue Gruppe zuletzt mit einem offenen Brief an die Öffentlichkeit und machten auf die Widersprüchlichkeit der gegenwärtigen Gesetzgebung aufmerksam. Demnach kann beispielsweise für ein Slot Online Casino und Pokeranbieter ausschließlich im Zeitraum von 21.00 Uhr bis 6.00 Uhr werbeaktiv vorgegangen werden. Keine Einschränkungen bestünden hingegen für Sportwetten.

Das Glücksspiel scheint ohnehin mehr im Fokus zu stehen, wenn es um Verbote geht. Zumindest, wenn es sich über das „kleine Spiel“ am Spielautomaten online und offline dreht. Beispielsweise sieht auch das neue Cannabisgesetz im Vergleich zu Spielstätten weniger strenge Abstandsregeln zu Schulen vor, was den Konsum von Gras anbelangt. Obwohl in den Automatenspielhallen Ausweise überprüft werden, bevor man Zugang erhält. Die nächstgelegene Parkbank zum gemütlichen Kiffen wird mutmaßlich weniger strikt kontrolliert, wenn Schulkinder vorbeilaufen und den betörenden Duft eines Joints einfangen.

Ungeachtet der laufenden und noch zu führenden Debatten im Hinblick auf Werbung für Glücksspiel und Sportwetten ist eine Änderung der Werberegelungen ohnehin schnell nicht umsetzbar. Der maßgeblich für neue Regeln entscheidende Zeitpunkt kommt erst 2026 für den Glücksspielvertrag. Bis dahin werden noch Evaluierungszwischenberichte erwartet, bis die Evaluierung zur Innenministerkonferenz des Bundes und der Länder mit Schwerpunkt GlüStV 2021 auf den Tisch kommt und mögliche Anpassungen diskutiert werden.

Neue GGL-Studie bewertet Evaluierung des GlüStV 2021 in Bezug auf Werbung

Eine neue Studie der Glücksspielaufsicht zur „Glücksspielwerbung im Fernsehen und im Internet im Spannungsfeld von Kanalisierung und Suchtprävention“ wird durch das Unternehmen eye square bis 2025 das Thema Werbung analysieren. Erst aufgrund dieser fundierten Fakten sind Änderungen im GlüStV 2021 vorstellbar.

Noch zum Jahresende soll ein Evaluierungszwischenbericht zum Glücksspielstaatsvertrag vorgelegt werden. Die Gemeinsame Glücksspielbehörde der Länder betrachtet dies als einen „technischen“ Zwischenbericht, der die wesentlichen Schutzbereiche des Regelwerks nach nun mehr als zweijähriger Laufzeit erstmals bewerten. Nicht klar, welche Bedeutung die unterschiedlichen Seiten diesem Bericht beimessen. Während die obengenannten Politiker mutmaßlich sofort Handlungsbedarf sehen, werden andere anhand der gewonnenen Daten evaluieren, ob denn vor 2026 ein Eingreifen notwendig ist. Da es Argumente für Lockerungen und noch strengere Regeln auf dem ohnehin schon restriktivsten Glücksspielmarkt der Welt gibt, bleibt es auch mit Marktliberalisierung weiterhin brisant, wenn die Politik zum Markt Stellung nimmt.

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