Sachsen-Anhalt: Liste der Verstöße gegen den Glücksspielstaatsvertrag veröffentlicht

Landtag Sachsen-Anhalt veröffentlicht Liste der Verstöße gegen den Glücksspielstaatsvertrag veröffentlicht! (Bildquelle: padoka.landtag.sachsen-anhalt.de)

Eine neue Analyse zeigt eine alarmierende Zunahme von Verstößen gegen den Glücksspielstaatsvertrag in Deutschland. Daten, die in der Antwort der Landesregierung Sachsen-Anhalt auf eine Kleine Anfrage der AfD-Fraktion vorgelegt wurden, zeichnen ein beunruhigendes Bild der aktuellen Situation. Trotz der Regulierung des virtuellen Glücksspiels durch den Glücksspielstaatsvertrag 2021 (GlüStV 2021), der am 1. Juli 2021 in Kraft trat, wurden zwischen Juli 2021 und Juni 2022 insgesamt 220 Verstöße in Bezug auf die Veranstaltung und Vermittlung von unerlaubtem öffentlichem Glücksspiel im Internet registriert. Darüber hinaus gab es 85 Verstöße im Bereich der Online-Werbung für unerlaubte öffentliche Glücksspiele. Seit dem Inkrafttreten des Vertrages hat die Gemeinsame Glücksspielbehörde der Länder (GGL), die für die Erlaubnisvergabe nach dem GlüStV 2021 zuständig ist, eine noch höhere Anzahl von Verstößen festgestellt. Die Vorwürfe reichen vom illegalen Glücksspiel über das Vorenthalten von Arbeitsgeld bis hin zum Verdacht auf Bildung einer kriminellen Vereinigung. Die Ergebnisse dieser Analyse unterstreichen die Notwendigkeit, die Einhaltung des Glücksspielstaatsvertrages weiterhin sorgfältig zu überwachen und Verstöße konsequent zu ahnden.

Zahlreiche Fälle von unerlaubter Werbung

Die hohe Anzahl von Verstößen gegen den Glücksspielstaatsvertrag zieht sich besonders durch zwei Sektoren der Branche: das virtuelle Automatenspiel und die Sportwetten. Eine überraschend große Zahl von insgesamt 251 Verstößen gegen die Werbung für unerlaubte öffentliche Glücksspiele im Internet wurde seit Juli 2022 durch die Gemeinsame Glücksspielbehörde der Länder (GGL) festgestellt. Diese umfassen sowohl laufende als auch abgeschlossene Verfahren. Damit hat sich die Anzahl der Verstöße im Vergleich zum Vorjahr, in dem das Landesverwaltungsamt 85 Verstöße registrierte, fast verdreifacht.

Hinzu kommen 202 Verfahren mit insgesamt 1.753 Verstößen gegen Zahlungsdienstleister, die bei verbotenen Zahlungen im Zusammenhang mit unerlaubtem Glücksspiel mitgewirkt haben. Die beeindruckende Menge an festgestellten Verstößen unterstreicht die Komplexität und das Ausmaß des Problems, vor dem die Aufsichtsbehörden stehen, und zeigt deutlich, dass eine strengere Regulierung und Überwachung erforderlich sind.

Der Sportwetten-Anbieter Tipster wurde im März durch die GGL zur Zahlung eines Bußgelds verpflichtet. Der Anbieter hatte nach Angaben der Glücksspielbehörde wissentlich auf Internetseiten geworben, auf denen auch illegales Glücksspiel angeboten wird. Dies ist nach dem Glücksspielstaatsvertrag nicht erlaubt. Weiteren Handlungsbedarf sieht die Landesregierung in diesem Fall aber im Moment nicht. Jedoch kann im Zuge der Tipster Razzia noch ein aufsichtsrechtliches Verfahren folgen.

Auch bereits lizenzierte Anbieter betroffen

Auch bereits lizenzierte Anbieter scheinen vor Verstößen gegen den Glücksspielstaatsvertrag nicht gefeit zu sein, ein Aspekt, der Anlass zur Sorge gibt. Die Landesregierung Sachsen-Anhalt hat zwar Daten dazu veröffentlicht, jedoch wurden diese nur anonymisiert angegeben, um den Geheimhaltungsaspekten und der Wettbewerbsneutralität Rechnung zu tragen. Dies folgt dem Urteil des Landesverfassungsgerichts Sachsen-Anhalt, welches besagt, dass beim Erfüllen der Auskunftsverpflichtung gegenüber dem Parlament wirksame Vorkehrungen gegen das Bekanntwerden von Dienstgeheimnissen einbezogen werden können.

Interessant ist, dass sogar eine Strafanzeige gegen einen bereits lizenzierten Anbieter wegen 34 Verstößen gegen das „Angebot unerlaubter Spiele“ vorliegt, deren Verfahrensstand noch offen ist. Zusätzlich gibt es Fälle, bei denen Verfahren eingestellt wurden, die Verstöße jedoch als Ordnungswidrigkeiten weiterverfolgt werden. Diese betreffen das Angebot unerlaubter Spiele sowie die Werbung dafür.

Die vollständige Antwort der Landesregierung ist als Verschlusssache eingestuft und kann nur bei der Geheimschutzstelle des Landtages nach Maßgabe der Geheimschutzordnung eingesehen werden. Diese Praxis unterstreicht das Spannungsfeld zwischen Transparenz und Datenschutz in einem stark regulierten Markt wie dem des Glücksspiels.

Es stellen sich Fragen nach der Wirksamkeit der aktuellen Lizenzvergabe und Kontrollverfahren. Eine tiefergehende Prüfung der aktuellen Praktiken und mögliche Reformen, um die Integrität des Marktes zu wahren und die Verbraucher zu schützen, scheint zwingend notwendig.

Unklarheiten im Bereich der „erweiterten Zuverlässigkeit“ heizen Diskussion an

Die „erweiterte Zuverlässigkeit“ stellt eine entscheidende Voraussetzung für die Erlaubniserteilung im Online-Glücksspielbereich dar. Sie soll sicherstellen, dass Anbieter von Sportwetten, Online-Poker oder virtuellen Automatenspielen die regulatorischen Vorgaben des GlüStV 2021 sowie die spezifischen Bestimmungen ihrer jeweiligen Veranstaltererlaubnis ordnungsgemäß einhalten.

Für die Beurteilung der „erweiterten Zuverlässigkeit“ muss eine Prognose zum künftigen Verhalten des Antragstellers auf Grundlage der tatsächlichen Umstände des Einzelfalls erstellt werden. Dabei ist eine Vielzahl von Dokumenten vorzulegen, einschließlich einer Darstellung der Gesellschaftsstruktur, eines aktuellen und vollständigen Handelsregisterauszugs, eines Führungszeugnisses und diverser Steuerbescheinigungen von Finanzämtern. Die GGL, die zentrale Regulierungsbehörde für Online-Glücksspiele, kooperiert in diesem Prozess eng mit den jeweils zuständigen Finanzämtern sowie mit den zuvor zuständigen Glücksspielaufsichtsbehörden der Länder.

Die „erweiterte Zuverlässigkeit“ ist nicht nur zum Zeitpunkt der Lizenzerteilung relevant, sondern auch danach. Lizenzierte Online Casinos Deutschland müssen jede Änderung der für die Erteilung der Erlaubnis maßgeblichen Umstände unverzüglich der GGL mitteilen. Sollten solche Änderungen die Zuverlässigkeit des Erlaubnisinhabers beeinträchtigen, ist die GGL dazu befugt, erneut Nachweise einzufordern. Die GGL ist auch für die stetige Überwachung der Einhaltung der Bestimmungen der Veranstaltererlaubnisse zuständig. Sollte sich herausstellen, dass der Erlaubnisinhaber seine Pflichten nicht oder nicht vollständig erfüllt, kann dies zur Aussetzung der Erlaubnis oder sogar zum Widerruf der Erlaubnis führen.

Somit wird die „erweiterte Zuverlässigkeit“ in einem kontinuierlichen Prozess bewertet und ist ein entscheidender Faktor sowohl bei der ursprünglichen Erlaubniserteilung als auch bei deren Aufrechterhaltung. Dies gewährleistet ein hohes Maß an Verbraucherschutz und Rechtskonformität in der Online-Glücksspielindustrie.

Europäisches Verbraucherzentrum Deutschland bemängelt Lizenzvergabe bei Online-Glücksspiel

Das Europäische Verbraucherzentrum Deutschland hat bereits öffentlich diverse Punkte des Glücksspielvertrags und dessen Umsetzung kritisiert. Ein wesentlicher Kritikpunkt ist die oft unklare öffentliche Wahrnehmung, „was macht ein deutsches Online Casino legal“. Lesen Sie in diesem Artikel mehr zu diesem Thema.

Ein Entzug der Erlaubnis für Online-Glücksspiele kann durch die GGL veranlasst werden, wenn die Voraussetzungen für eine Veranstaltererlaubnis, wie die erweiterte Zuverlässigkeit, nicht mehr erfüllt werden oder die aus der Erlaubnis resultierenden Pflichten nicht eingehalten werden. Allerdings muss es sich dabei um schwerwiegende Verstöße von besonderem Gewicht handeln.

Quelle: Sachsen-Anhalt: Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung (Drucksache 8/2711) vom 31. Mai 2023. Lesen Sie hier mehr dazu.

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