Heute hat jeder, der ein Handy besitzt, rund um die Uhr ein Mobile-Casino griffbereit. Nach Ansicht der Heather Wardle von der Universität Glasgow sind die Bereiche Online-Sportwetten und Online Casinos die am stärksten wachsenden weltweit. Raffinierte Werbung und moderne Geräte lassen es einfacher erscheinen, dem Glücksspiel zu frönen, und schwieriger, es wieder zu lassen. Letztlich weisen die Suchtfaktoren einer Glücksspielsucht Parallelen mit stoffbezogenen Störungen auf. Durch den digitalen Wandel erkranken mehr Menschen an einer Spielsucht.
Die Digitalisierung des Glücksspiels lässt die Branche boomen
Der Kommission von Experten sei es gerade im Bereich der Online-Wetten so, dass wegen intelligenter Apps die Leute in vielen Fällen nicht einmal mehr traditionelle Sportwetten-Geschäfte aufsuchen. Man spielt vermehrt im Internet und diese permanente Verfügbarkeit ist ein Problem. Dieses Marktsegment lässt sich weniger gut verfolgen, sodass es an verlässlichen Informationen über risikoreiches Glücksspiel und Spielsucht hapert.
Werbung für Glücksspiel schließt Kinder und Jugendliche mit ein
Besonders auffällig ist die offensive Vermarktung der Wett- und Online-Casino-Anbieter im Sportbereich. Nahezu jede Fußballsendung findet mittlerweile den Hinweis oder Auftritt eines Glücksspielanbieters. Illegale Glücksspielangebote werben sogar breit und an exponierter Stelle im Internet. Hiergegen vorzugehen, ist für die Glücksspielbehörden kaum möglich. Nach wie vor ist das Engagement insbesondere seitens der wichtigen Player aus der Tech-Branche wie Facebook oder Streaming-Anbieter mangelhaft. Wobei die Gemeinsame Glücksspielbehörde der Länder (GGL) in Deutschland zumindest mit dem Google-Konzern Alphabet erste Erfolge erzielen konnte.
Gemeinsam wurden die Google-Ads-Richtlinien erneuert, um illegale Angebote aus dem Sichtfenster zu bekommen. Dennoch wünscht sich GGL-Vorstand Ronald Benter mehr Engagement von den großen Firmen im Bereich Suchmaschinen und Social-Media. Immer wieder seien Kinder und Jugendliche zudem der Gefahr ausgesetzt, dass ihnen Glücksspielwerbung präsentiert werde, so der Bericht der Fachkommission.
Dabei ist das Glücksspiel meist in Videospiele und Computerspiele eingebunden. Für die Versuchung des schnellen Geldes und den spielerischen Charakter von Online-Spielen seien Kinder und Jugendliche anfälliger als Erwachsene. Denn in der Regel suggerieren die Werbebotschaften der Gaming-Industrie in ihrer Werbung Glücksspiel als völlig unbedenkliche Unterhaltung.
Für die globale Gesundheitspolitik bedeutet die Glücksspielproblematik, dass das Glücksspiel und deren Gefahren in der öffentlichen Gesundheit mehr Gehör bekommen müssen. Es müsse ähnlich behandelt werden wie Alkohol und Tabak, um Glücksspiel weniger sichtbar zu machen.
Was macht Spielsucht unter sportaffinen Personen zu einem Problem?
Zwischen zwei und drei Prozent der Menschen sind in den industrialisierten westlichen Ländern abhängig vom Glücksspiel oder wettsüchtig. Der langjährige Glücksspielforscher und Psychologe der Universität Bremen, Tobias Hayer, geht von einer stark erhöhten Prozentzahl in den Sportvereinen aus.
Über alle Studien hinweg betrachtet, ist davon auszugehen, dass bis zu zehn Prozent der Vereinsmitglieder von Sportvereinen mit Glücksspielproblemen behaftet sind. Dies sei unter anderem auf die Omnipräsenz von Glücksspielwerbung, insbesondere im Fußball, zurückzuführen. Außerdem hätten Sportlerinnen und Sportler ein ausgeprägtes Wettkalkül und eine gewisse Nähe zur Erfolgsmessung im Leistungssport.
Die Leidenschaft und Erfahrung in der jeweiligen Sportart wecken dabei den Eindruck, mit dem durchaus erworbenen Können auf einfache Weise viel Geld verdienen zu können. Eine weitere Ursache dürfte die Langeweile sein, die vor allem bei Fußballprofis, die tagsüber nur ein Training absolvieren und daher sehr viel Freizeit haben, eine Sucht auslösen kann.
(Bild © gluecksspiel-behoerde.de)
Die Glücksspielbehörde GGL und die in den Bundesländern zuständigen Koordinierungsstellen für Glücksspielsucht arbeiten ab sofort enger zusammen, um den vielen Süchtigen etwas entgegenzusetzen.
Was empfehlen die Experten, um Glücksspielproblemen entgegenzuwirken?
Das Glücksspiel und seine Suchtfaktoren sollte mehr in den Fokus der öffentlichen Gesundheit rücken. Glücksspiel ist als ein Problem der öffentlichen Gesundheit zu betrachten. Dieses zentrale Statement ziehen Experten im Rahmen ihrer Metastudie. Der Mitverfasser Malcolm Sparrow von der Harvard Kennedy School in den USA betont, es sei wichtig, mit dem Thema Glücksspiel genauso umzugehen wie mit Sucht erzeugenden und gesundheitsschädlichen Produkten wie Alkohol und Tabak.
In Anbetracht der Tatsache, dass sich die Glücksspielbranche neuer Formen des digitalen Marketings bedient, in denen sie ihre Angebote anpreist und ihre eigenen Ressourcen bündelt, plädiert die Expertengruppe für einen wirksamen und effizienten Regulierungsrahmen sowie für die weltweite Förderung von Kooperation und Führungsqualitäten, um die Auswirkungen des Glücksspiels für die öffentliche Gesundheit zu mindern. Dies gilt für alle Länder, und zwar egal, ob das Glücksspiel dort legal ist oder nicht.
Genauer gesagt muss die Verfügbarkeit von Glücksspielen verringert werden. Weiterhin müssen Risikogruppen einer geringeren Gefährdung durch Glücksspiele unterzogen werden. Zusätzlich verlangt die Expertenkommission eine bessere Betreuung und Behandlungsangebote für Suchtkranke sowie eine Aufklärung über die Risiken des Glücksspiels.
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