Glückstreffer bei Tipster Ermittlungen wegen Steuerbetrug

Wie der Sportwettenanbieter Tipster mit einem raffinierten Steuerbetrugssystem durch „Anonymus“ ins Fadenkreuz der Ermittler geriet! (Bildquelle: Lucien Niemann/Berlin Prenzlauerberg)

Noch sind die Ermittlungen im Tipster Skandal nicht abgeschlossen, den mittlerweile gegen Kaution freigelassenen Beschuldigten drohen jedoch hohe Haftstrafen. Laut Meldungen von FOCUS online können die Behörden die zunächst im Rahmen von Lauschangriffen in der Führungsspitze dingfestgemachte „perfide Betrugsmasche“ nachweisen. Einzig der Umfang ist noch festzustellen, wobei der Oberstaatsanwalt Stefan Willkomm bisher aufgedeckten Steuerbetrug auf über 35 Millionen Euro schätzt. Und laut Empfehlung des Bundesgerichtshofs sind Bewährungsstrafen bei Steuerdelikten, die den Grenzwert von einer Million Euro überschreiten, mit einer Freiheitsstrafe zu ahnden. In den noch bevorstehenden Gerichtsverfahren wegen Steuervergehen ist entsprechend damit zu rechnen, dass die Beschuldigten um den angeblich involvierten Chef von Tipster Michael F. mit einem Gefängnisaufenthalt rechnen müssen, sofern die U-Haft nicht schon ausreichend angerechnet wird.

Ein Informant gab den entscheidenden Tipp

Mit einem Schwarzmarkt für Sportwetten soll der Wettanbieter Tipster Millionen am Finanzamt vorbeigeschleust haben. Dahinter steckt angeblich ein raffiniertes Schema. Den Hauptverantwortlichen des Betrugs könnten jetzt langjährige Haftstrafen bevorstehen. Und alles fing mit einem anonymen Hinweis an. Der Informant hat lange gezögert. Nach Informationen von FOCUS online wandte sich ein anonymer Tippgeber bereits vor drei Jahren mit belastenden Informationen über eine umfangreiche Steuerhinterziehung im Bereich der Sportwetten über das Hinweisgeberportal der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) erstmals an die staatlichen Behörden. Die Staatsanwaltschaft zur Bekämpfung der organisierten Kriminalität (ZeOs) mit Sitz in Düsseldorf wurde daraufhin eingeschaltet.

Es brauchte allerdings eine ganze Weile, bis der Informant zur Offenlegung und Herausgabe der gesamten Geschäftsunterlagen des letzten Jahrzehnts überredet werden konnte. Damit begann die eigentliche Ermittlungsarbeit. Aus der Fülle der Buchungsbelege ergibt sich der Verdacht, dass zwischen den Jahren 2014 und 2020 die Tipster Service GmbH, ein großer Veranstalter von Sportwetten, Steuern aus Einnahmen in Höhe von rund 700 Millionen Euro hinterzogen und in der Folge einen Steuerschaden in Höhe von 35 Millionen Euro verursacht hat. In diesem Zusammenhang soll die Geschäftsführung um den angeblich tatverdächtigen Firmenchef Michael F. mittels zweier zentraler Server sowohl einen legalen als auch einen illegalen Geldkreislauf inszeniert haben. Mittlerweile sind die Unternehmen Zahlungsunfähig und in Insolvenzverwaltung.

Mittlerweile befinden sich die Schwesterunternehmen Tipster Limited Malta und Tipster Service GmbH in einem Insolvenzverfahren. Berichtet wurde auch schon, dass Investor Dennis Lindner aus Nordrhein-Westfalen bereits zugeschlagen hat und den Kauf der Tipster Service GmbH vorantreibt, derzeit wird allerdings im FOCUS online Bericht noch auf die laufende Regelabwicklung durch Insolvenzverwalter Jörg Gollnick verwiesen.

Ermittler hörten Drahtzieher ab und der Schwarzmarkt für Sportwetten flog auf

Über das System wurden die Wetten der knapp 350 Annahmestellen abgewickelt. Üblicherweise erhält der Fiskus von jedem Wetteinsatz fünf Prozent. Die Tipster-Macher sollen aber angeblich auf den Gedanken gekommen sein, parallel zum bereits einträglichen legalen Geschäftszweig einen steuerfreien Schwarzmarkt für Sportwetten aufzubauen, um abzuführende Wettsteuer einbehalten zu können. Ein Teil des Betrugs soll vermutlich über einschlägige Wettbüros und Kioske ohne Genehmigung abgewickelt worden sein. Der Kunde, der die dortigen Automaten nutzte, hatte keine Ahnung, auf welche Weise sein Einsatz legal oder illegal in die Kassen gelangte. Dieses lukrative und nach Ansicht der Staatsanwaltschaft jahrzehntelang funktionierende System ist nun offenbar aufgeflogen.

Die Ermittlungen des Landeskriminalamtes Nordrhein-Westfalen im Einklang mit der Schwerpunktstaatsanwaltschaft haben fast drei Jahre in Anspruch genommen, um das komplexe Firmennetzwerk samt umfangreicher Datenbestände zu durchleuchten. Die Zentrale von Tipster befand sich auf Malta. Dort sorgte die Limited in der Steueroase für eine gültige Glücksspiellizenz und die Abgaben des legalen Betriebs liefen dorthin. Das Geschäft verlief sehr profitabel, war aber augenscheinlich ab einem gewissen Zeitpunkt nur noch ein legitimer Deckmantel für andere Machenschaften. Und die Sportwettenlizenz in Deutschland verlieh dem Wettriesen zusätzliche Seriosität. Die Glücksspielbehörde GGL hat Tipster die Lizenz entzogen.

Nach Informationen von FOCUS-online hörten die Fahnder die Telefone der Firmenleitung im Rheinland ab. Durch Abhörmaßnahmen der Chefetage beim deutschen Tipster Ableger mit Sitz in Köln wurde der zunächst anonym angezeigte Verdacht des mutmaßlich größten Steuerbetrugs der europäischen Wettbranche zu einem ganz großen Fall. Denn: Die Verantwortlichen erwogen zu dieser Zeit den Verkauf des gesamten Unternehmens. Die Frage war nur: Wie vertuschen wir den Steuerbetrug? Aus dem Verkauf wurde dann doch nichts. Doch die abgehörten Gespräche erhärteten den Verdacht.

Bundesweite Mega-Razzia gegen Sportwetten-Anbieter Tipster

Der zuständige Oberstaatsanwalt Stefan Willkomm ordnete am 20. April 2023 eine Großrazzia an. In ganz Deutschland und weiteren europäischen Standorten rückten 1.000 Einsatzkräfte aus. Im Hauptsitz der Tipster in der Kölner Hildegard-von-Bingen-Allee stellte man sämtliche Datenträger und Unterlagen sicher. Gegen sechs der Beschuldigten, darunter der Firmenchef Michael F. (mittlerweile gegen Kaution frei), wurde Untersuchungshaft angeordnet.

Warum die Tipster-Manager überhaupt einen solchen Weg beschritten, rätseln die Strafverfolger bis heute. Schließlich brachten die Umsätze aus den legalen Geschäften mit den Wetten sowie einem Online Casino für deutsche Spieler ohnehin genug ein. Vermutlich, so die Vermutung, haben einige der Drahtzieher einfach das Maß nicht voll bekommen und versucht, durch Steuerhinterziehung zusätzlich ein Millionenvermögen einzustreichen. Nach Erkenntnissen der Ermittlungsbehörden sollen die mutmaßlich beteiligten Geschäftsmänner und Partner aus der „rheinischen Zockerszene“ hervorgegangen sein. In Anbetracht der Fülle an Beweisen und der schwerwiegenden strafrechtlichen Vorwürfe drohen den Hauptakteuren hohe Freiheitsstrafen.

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