Staatliche Beihilfen an einzelne Branchenmitglieder, um beispielsweise ein wenig verschleiert Monopole zu erhalten, die zum Nachteil des Verbrauchers sind, werden innerhalb der EU-Mitgliedsstaaten geahndet. Konkret geht es um eine steuerlich bevorzugte Behandlung für ausgewählte Unternehmen, um denen mit unlauteren Wettbewerbsvorteilen eine stärkere Marktposition zu verleihen. Unter dieser Maßgabe sieht der Deutsche Sportwettenverband (DSWV) und viele andere Vertreter der Glücksspielindustrie die Spieleinsatzsteuer als beihilferechtlich zweifelhaft. Der Dachverband hat daher eine EU-Beihilfebeschwerde gegen den Bundesrat eingereicht. In der Beschwerde wird argumentiert, dass die vorgeschlagenen Steuersätze für iGaming einen unangemessenen Vorteil für terrestrische Spielstätten im Vergleich zu Online-Anbietern darstellen.
Begründete Zweifel an der Spieleinsatzsteuer
Bisher führen die Glücksspielunternehmen in Deutschland online und offline eine Umsatzsteuer in Höhe von 19 Prozent auf die erzielten Bruttospielerträge ab. Auf die gleiche Weise handhaben es die EU-Nachbarländer und überlassen somit die Steuerseite den am Markt aktiven Betreibern. Einzelne Staaten erheben zusätzliche eine Steuer auf den Gewinn beim Glücksspiel, was Deutschland allerdings nicht praktiziert. Lottogewinne und ein Jackpot am Automaten oder nur eine einfache Gewinnlinie, der gewonnene Betrag geht vollständig an den Spieler über.
Gegenstand der aktuellen EU-Beihilfebeschwerde ist der vorgeschlagene Steuersatz im Rahmen des vierten Glücksspielstaatsvertrags. Das Vertragswerk erlaubt bundesweit Online-Casinos und wurde von allen 16 Bundesländern gebilligt, so dass der Staatsvertrag am 1. Juli 2021 in Kraft treten wird. Ein Entwurf zur Besteuerung von Spieleinsätzen wurde in diesem Zusammenhang vom Bundesrat an den Bundestag zur endgültigen Zustimmung vorgelegt, die voraussichtlich erteilt wird. Der Vorschlag wird derzeit von drei verschiedenen Ausschüssen geprüft.
Deutschland beim Glücksspiel nicht EU-konform
Gehen wir ein paar Schritte rückwärts, als Deutschland noch im Graubereich illegales Glücksspiel tolerierte und sich nicht gegen die abgeführten Steuern aus Bruttospielerträgen zur Wehr gesetzt hat. Im Jahr 2018 haben sich nach eingehenden Beratungen mit Vertretern der Politik die beiden Marktführer (damals online und bei den terrestrischen Spielbanken) vom Online-Markt zurückgezogen. Viele Informationen gab es nicht, außer dass eine Rückkehr nur möglich ist, wenn das Glücksspiel im Land staatlich konzessioniert ist. Es besteht aufgrund der damaligen Marktmacht zumindest die Annahme, dass Novomatic und Gauselmann auf die Ausarbeitung mit eingewirkt haben.
Ziel des Gesetzentwurfs des Bundesrates ist es, dem schnell wachsenden Online-Business den Wind aus den Segeln zu nehmen, indem das Online-Glücksspiel an Attraktivität beraubt wird. Der einfachste Weg geht hierbei über die Steuer. Und das ist der Knackpunkt, wo der DSWV die Berechtigung für eine EU-Beihilfebeschwerde sieht. Es kann nicht sein, dass online die Gewinnerwartung halbiert wird und das Spielguthaben der Kunden deutlich eher aufgebraucht ist, was automatisch zu mehr Einsätzen führt und am Ende problematisches Spielverhalten befeuert.
Das ist abgesehen vom rechtswidrigen Steuervorteil für den terrestrischen Markt ein Widerspruch gegenüber dem gepriesenen starken Spielerschutz, den der neue Staatsvertrag zur Regulierung und Lizenzierung von Glücksspielanbietern suggeriert. Unter diesem Rahmenwerk würden virtuelle Automatenspiele mit 5,3 % des Umsatzes auf der Spielerseite besteuert werden, ein Steuersatz, den viele in der Industrie als nicht realisierbar bezeichnet haben.
Die Unrechtmäßigkeit der Spieleinsatzsteuer einfach erklärt im DSWV-Video!
Ein Bericht von Goldmedia, der von der Novomatic Tochtergesellschaft Greentube sowie Entain (ehemals GVC Holdings) und Flutter Entertainment in Auftrag gegeben wurde, hat bereits davor gewarnt, dass die Hälfte aller deutschen Kunden bei einer Umsatzbesteuerung von 5,3 Prozent zu nicht regulierten Casinos online abwandern könnten.
Spieleinsatzsteuer vs. Bruttospielertragssteuer
Der DSWV als einer der größten Vertreter der Gaming-Industrie in Deutschland hat nicht nur begründete Zweifel an der Spieleinsatzsteuer, sondern ist im Recht. Die Beihilfebeschwerde bei der Europäischen Kommission einzureichen und zu argumentieren, dass der aufgerufene Steuersatz als illegale staatliche Beihilfe eingestuft werden sollte, hat in jedem Fall Bestand. Die Interessen der Vertreter der Bundesländer scheinen in gewisser Weise auch den teilweise seit Jahrzehnten bestehenden Beziehungen zur Glücksspiellobby geschuldet. Diese hat in einzelnen Ländern ein enormes Standing und vor allem kaum Konkurrenz, denn die Konzessionen vergibt das Bundesland auf viele Jahre und hierbei wird natürlich versucht, die Marktposition zu erhalten.
Das bevorzugte Steuermodell könnte die Umsetzung des Staatsvertrages verzögern. Hinsichtlich des EU-Rechts ist es Mitgliedsstaaten nicht gestattet, ausgewählten Unternehmen, Industriezweigen oder regional einen Vorteil einzuräumen. Dies gilt insbesondere dann, wenn durch Steuervorteile der Wettbewerb beeinträchtigt wird. Allerdings kann es unter bestimmten Umständen auch Ausnahmen geben, diese erfordern allerdings eine umfassende unabhängige Prüfung.
Die aktuelle Kritik vom DSWV hatte bereits zuvor die European Gaming and Betting Association (EGBA) geübt, die ebenfalls die Spieleinsatzsteuer als rechtswidrig einstuft. Die stationären Spielbanken, Spielhallen und Spielotheken werden auf diese Weise massiv gegenüber den im Internet agierenden Betreibern bevorteilt. Es hat den Anschein, als ob der Glücksspielstaatsvertrag nur zustande gekommen ist, da sich die Landesparlamente auf massive Einschnitte einigen konnten, um die starke Lobby in den Ländern zu bevorteilen. Eigentlich kann die vorgeschlagene Spieleinsatzsteuer nur Bestand haben, wenn gleichzeitig auch in der Spielhalle am Bally Wulff oder Merkur Automaten ein 5,3-prozentiger Anteil für den Fiskus einbehalten wird.
Durch die Spieleinsatzsteuer ist das Online-Guthaben im Vergleich zu stationären Spielhallen Automaten schneller aufgebraucht, die Spielzeit ist erheblich kürzer und in der Folge muss der Spieler im Internet deutlich mehr Geld einsetzen – Spielerschutz? (Bildquelle: dswv.de)
Fazit: Die Rechnung geht am Ende an den Kunden über. Der Spieler wird durch eine Spieleinsatzsteuer seiner bisherigen Gewinnchancen beraubt und muss für das gewohnte Spielerlebnis mehr bezahlen. Dieser Kreislauf ist zum einen suchtfördernd und kann sich zum anderen negativ auf die Kanalisierung des Glücksspielmarktes auswirken. Casino Bonusangebote außerhalb der regulierten deutschen Grenzen, attraktivere Auszahlungsquoten und weniger Einschränkungen könnten das große Ziel für mehr Spielerschutz durch eine Steuer auf Spieleinsätze gefährden.
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