Glücksspielstaatsvertrag und seine Stärken und Schwächen aus dem Blickwinkel von Robin Anstötz (Institut für Glücksspiel und Gesellschaft)! (Bild © Aymanejed auf Pixabay)
Vom Institut für Glücksspiel und Gesellschaft (GLÜG) der Ruhr-Universität Bochum steht Robin Anstötz im Interview mit dem WestLotto-Newsroom Rede und Anwort zum Glücksspielstaatsvertrag und dessen Stärken und Schwächen als länderübergreifendes einheitliches Regelwerk mit zentraler Aufsicht. Der Doktorand und Rechtsreferendar des Landgerichts Bochum sowie wissenschaftlicher Mitarbeiter bei GLÜG hat bereits eine Reihe von Beiträgen zur deutschen Glücksspielpolitik und Rechtsnormen veröffentlicht. Er versteht die Regulation des Glücksspiels infolge der zahlreichen Ausprägungen, der suchtbezogenen Wirkung, dem digitalen Charakter und der Vielfalt der gesellschaftlich und kulturabhängig beeinflussten Anschauungen durchaus mit einer hohen Komplexität behaftet.
Nach Rechtsauffassung von GLÜG hat der Glücksspielstaatsvertrag Stärken und Schwächen
Die Stärken und Schwächen des Glücksspielstaatsvertrags (GlüStV) aus rechtlicher Betrachtung beleuchtet Robin Anstötz von GLÜG im Gespräch mit dem WestLotto-Newsroom. Wird der Staatsvertrag seinem Auftrag gerecht? Soweit es um die Bewältigung dieser komplexen Sachverhalte geht, stellt der Glücksspielstaatsvertrag kein von vornherein ungeeignetes Mittel dar.
Nun muss aber der in das Landesgesetz überführte staatsvertragliche Gesetzesinhalt – wie jede Rechtsnorm – einigen Mindeststandards gerecht werden, sollen die angestrebten Effekte erreicht werden. Denn die besten und berechtigten Ziele eines Regelwerkes sind nichts als leere Worthülsen, solange dessen Inhalt an gravierenden Defiziten krankt. Regeln sollten als nicht ausschließlich ansprechend formuliert sein, es muss vielmehr auch gut umsetzbar sein.
Was sind zeichnet den Glücksspielvertrag aus?
Es ist die wesentliche Größe von Staatsverträgen und prinzipiell auch von jenem des deutschen Glücksspielstaatsvertrages, dass sie eine einheitliche länderspezifische rechtliche Ausgestaltung ermöglichen. Auf diese Weise lassen sich nicht zuletzt die störenden landesrechtlichen Unterschiede der 16 Bundesländer im Bereich legaler Online Casinos Deutschland einander angleichen. Ein weiterer Pluspunkt ergibt sich daraus, dass die Einhaltung aller Vorschriften durch eine zentrale Gemeinsame Glücksspielbehörde der Länder (GGL) mit Sitz in Halle/Saale gewährleistet wird.
Ein Blick auf die Mängelliste
Schwächen zeigt das maßgebende Glücksspielregelwerk in Deutschland vor dem Hintergrund unzureichender gesetzgeberischer Kompetenz unter strukturbedingten Vollzugsproblemen. Dies zeigt sich insbesondere in der Anwendungsperspektive: Allzu häufig erfolgt eine undifferenzierte Verlagerung von Grundentscheidungen in den Vollzug durch sichtbare und verborgene Delegationsvorschriften. An vielen Punkten bleibt es der glücksspielrechtlichen Aufsichtsbehörde GGL vorbehalten, zunächst die mitunter miteinander in Konflikt stehenden Zielsetzungen des § 1 GlüStV 2021 zu entflechten und in der Folge zu realisieren.
Dies zeigt sich beispielhaft in § 5 Abs. 1 S. 3 GlüStV 2021, welcher es in die Hand der Glücksspielaufsichtsbehörden legt, inhaltliche Vorgaben sowie die GlüStV Nebenbestimmungen hinsichtlich der werblichen Umsetzung festzulegen. Dafür ist der Glücksspielbehörde jedoch kein konkreter Rahmen vorgegeben. Stattdessen bleibt es der Behörde überlassen, aus der überaus schwammigen Formulierung des § 5 Abs. 2 S. 1 und 2 GlüStV 2021, dass die Werbemaßnahmen für öffentliches Glücksspiel in ihrer Art und ihrem Umfang den Zielen des § 1 nicht entgegenstehen und nicht überzogen wirken sollen, ihren ganz eigenen Standard abzuleiten.
Darüber hinaus werden die behördlichen Aufgaben der Angebotsprüfung und Marktüberwachung durch den Glücksspielstaatsvertrag nicht immer wirkungsvoll zugewiesen. Dies strapaziere die schon jetzt knappen Ressourcen der Glücksspielaufsichtsbehörde zusätzlich. Dies gilt vor allem in Bezug auf das separate Erlaubnisverfahren nach § 22a Abs. 1 S. 2 GlüStV 2021 für jeden Online-Spielautomaten, welcher von einzelnen lizenzierten Online-Spielotheken mit Eintrag auf der GGL-Whitelist bereitgestellt wird. Das blockiert jede Menge Arbeitskräfte aufgrund eines strukturellen Geltungsproblems.
(Bild © gluecksspiel-behoerde.de)
Die Herausforderungen und Erfolge der deutschen Glückspielbehörde GGL zusammengefalls im Jahresrückblick 2024.
Staatsvertrag und die GGL
Im Grunde müsste der Glücksspielbehörde GGL allein die Aufgabe zukommen, die Bestimmungen des Glücksspielstaatsvertrags auszufüllen. Die strukturellen Anwendungsprobleme zwingen sie jedoch geradezu dazu, ausstehende Grundsatz-Entscheidungen zu treffen. Tatsächlich erbringen eine Vielzahl von Gesetzesnormen des Glücksspielstaatsvertrages keinerlei Lenkungswirkung, da sie als reine Formelkompromisse und Scheinlösungen lediglich einen vagen Zielinhalt normalisieren.
Um diesen abstrakten Sollensgehalt zu realisieren, sieht sich die zuständige Behörde veranlasst, den tatsächlich mangelnden Norminhalt erst zu kompensieren. Für die bevorstehende Überarbeitung des Glücksspielstaatsvertrages wird hierauf ein besonderer Schwerpunkt der Bundesländer erforderlich sein. Daneben sollte auch die für den Vollzug zentrale Aufgabe der finanziellen und personellen Ressourcen der Glücksspielaufsichtsbehörden generell und der GGL spezifisch neu geregelt werden.
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