Online-Glücksspielverluste – LG Erfurt wendet sich an EuGH

Das Landgericht Erfurt legt dem Europäischen Gerichtshof Fragen zum Umgang diverser Online-Glücksspielverluste vor! (Foto: Gerichtshof der Europäischen Union)

Das Landgericht Erfurt ließ bereits vor Monaten verlauten, dass es verschiedene Gerichtsverfahren zur Erstattung von Verlusten aus Online-Glücksspielen aussetzen werde, um einige Fragen an den Europäischen Gerichtshof (EuGH) zu richten. Dieser angekündigten Entscheidung ist das Erfurter Landgericht nunmehr nachgekommen durch die Beschlüsse LG Erfurt 8 O 392/23 vom 23.12.2024 und LG Erfurt 8 O 515/24 vom 20.12.2024. Die Entscheidung macht das Landgericht also abhängig von einer möglichen Empfehlung des Europäischen Gerichtshofs.

Online Casino Geld zurück – EuGH mit einbezogen

Der Erfurter Entscheidung kam der Bundesgerichtshof bereits zuvor. Dieser hatte ein diesbezügliches Gerichtsverfahren gegen Tipico vor über einem halben Jahr im Juli 2024 eingestellt und den EuGH bei der Frage zur Rückzahlung von Sportwettverlusten hinzugezogen. Dessen Entscheidung ist allerdings noch ausstehend.

Der Europäische Gerichtshof ist jetzt aufgerufen, die Frage höchstrichterlich zu beantworten, inwieweit die europarechtliche Dienstleistungsfreiheit dem Urteil der Unwirksamkeit entgegensteht und somit der verlorene Wetteinsatz nicht erstattet werden muss. Der Bundesgerichtshof formuliert in seinem Vorabentscheidungsersuchen zwei grundsätzliche Fragen, während das Landgericht Erfurt mit vier detaillierten Fragen samt Unterfragen weitaus detaillierter vorgeht.

EU-Recht und deutsches Recht auf dem Prüfstand

In der Vorlage nimmt das Landgericht Erfurt ebenfalls Bezug im Hinblick auf die Grundfreiheiten des freien Dienstleistungsverkehrs in der Europäischen Union im Sinne des Artikels 56 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union. Hinterfragt werden soll insbesondere, unter welchen Voraussetzungen ein weitgehendes Verbot von Online Slots und der Online Casino Spiele rechtmäßig ist, während andererseits für weitere Glücksspielformen, darunter Lotterien, Sportwetten und Pferdewetten, Ausnahmeregelungen vorgesehen sind.

Auch will das Landgericht Erfurt wissen, unter welchen Bedingungen das Verbot von Glücksspielen im Internet gegen EU-Recht verstößt und wann es zu einem Sanktionsverbot kommt, das letztlich auch die Rückforderung vollständig verhindert. Darüber hinaus soll der Europäische Gerichtshof die Frage prüfen, inwieweit Gerichte in Deutschland Voraussetzungen zu überprüfen haben, welche zuvor durch die Erlaubnisbehörde zu überprüfen waren oder gar in der glücksspielrechtlichen Genehmigung festzulegen gewesen wären.

Neben den Vorabentscheidungsersuchen des Bundesgerichtshofs und des Landgerichts Erfurt ist auch ein diesbezüglich in die Wege geleitetes Ersuchen aus Malta (C-440/23) anhängig. Der weitere Fortgang dieser Verfahren sowie der Zeitpunkt, bis zu dem mit einer Entscheidung aus Luxemburg in dieser Sache noch gerechnet werden kann, sind derzeit noch offen.

Landgericht Erfurt

(Bild von justiz.thueringen.de)

Die vier Vorlagen des Landgerichts Erfurt:

  • Die erste Vorlagefrage zielt auf die Vereinbarkeit des Internetverbots mit Unionsrecht ab.
  • Die zweite Vorlagefrage befasst sich mit den Konsequenzen einer etwaigen Unionsrechtswidrigkeit des Internetverbots.
  • Die dritte Vorlagefrage wird lediglich hilfsweise gestellt, nämlich für den Fall, dass im Zivilrecht kein Sanktionsverbot greift und zivilrechtliche Rückforderungsansprüche somit nicht kategorisch ausgeschlossen wären.
  • Die vierte Vorlagefrage betrifft sodann den Fall, dass im Rahmen eines fiktiven Erlaubnisverfahrens materiell-rechtliche Vorgaben des GlüStV 2012 maßgeblich werden.

Das Verfahren im Hintergrund

Der Kläger verlangt von im vorliegenden Prozess vom Beklagten die Rückzahlung der erlittenen Online-Glücksspielverluste in Höhe von 37 487,08 Euro einschließlich Zinsen seit Klageerhebung. Das Unternehmen mit Sitz in Malta ist und war stets im Besitz einer gültigen Glücksspiellizenz gemäß den Gesetzen Maltas. In der Zeit vom 18. Januar 2014 bis zum 30. April 2020 spielte der Kläger mit deutschem Wohnsitz in dem Online Casino Deutschland des Anbieters verschiedene Online-Glücksspiele.

Ein zivilrechtlicher Schadensersatzanspruch scheide wegen der Unionsrechtswidrigkeit aus. Erweist es sich nämlich als mit der unionsrechtlichen Dienstleistungsfreiheit des Art. 56 AEUV in Widerspruch stehend, so ist das entsprechende Verbot im Internet auf Anbieter wie die Antragsgegnerin mit Sitz und Lizenz in Malta, welche die Dienstleistungsfreiheit für das Online-Glücksspielangebot in Anspruch nehmen kann, nicht anzuwenden.

Im Ergebnis würde damit zugleich der Ausschlusstatbestand entfallen, der nach dem GlüStV 2012 einer Erlaubniserteilung für Glücksspielanbieter von virtuellem Automatenspiel, Online-Poker und anderen Online-Casinospielen entgegengestanden hätte. Somit wären theoretisch Lizenzverfahren unabhängig von Schleswig-Holstein möglich gewesen.

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